· 

Zurück zu den Wurzeln

Wildkräuterkurs im Hamburger Inselpark

„Nenne mir drei Kräuter, die du kennst“, bat Gartentherapeutin Esther Daenschel die Teilnehmer*innen des Wildkräuter-Kurses der Reihe nach. Die Frage scheint so einfach, dennoch zögere ich etwas länger, bis ich antworte: Zitronenmelisse, Rosmarin und Brennnessel. Wir sitzen im BUND-NaturErlebnisGarten im Wilhelmsburger Inselpark an einem mit Kräutern und Schälchen gedeckten Tisch, geschützt durch ein großes Sonnensegel, und werden uns an diesem heißen Sommertag auf Entdeckungsreise durch die Welt der Kräuter begeben.

Über 1.500 essbare Wildkräuter sind in Deutschland bekannt. Viele kennen diese als „Unkräuter“, welche im eigenen Garten, am Wegesrand, im Wald oder auf Wiesen zu finden sind. Das ganze Jahr über hinweg kann man diese Kräuter ernten. Im BUND-NaturErlebnisGarten findet man vor allem zwischen April und Oktober eine Menge genießbare Wildkräuter. Viele von ihnen werden und wurden durch den Menschen als Medizin und Arzneimittel eingesetzt, da sie sehr vitaminreich und heilsam sind. Aber auch in der Küche lassen sich Wildkräuter auf vielfältige Weise verarbeiten: ob als Tee, würziges Pesto, Kräuterbutter, im Smoothie oder als zarte Salatbeilage. Wildkräuter können zu einer kulinarischen Bereicherung werden!

Das Erkennungsmerkmal: Ein dunkler Punkt in der Mitte der Blüte
Das Erkennungsmerkmal: Ein dunkler Punkt in der Mitte der Blüte

Nach einer kurzen theoretischen Einführung in die Kräuterwelt beginnt der erste Streifzug durch den blühenden Garten. Unser Ziel: die wilde Möhre (lat. Daucus carota).

 Die „große weiße Blume“ mit dem unverkennbaren kleinen schwarzen Punkt in der Mitte der Dolde (eine Dolde ist ein kompletter Blütenstand, also ein Verbund an einzelnen Blüten), blüht derzeit besonders reich. Hat man sie einmal identifiziert und bestimmt, sieht man sie überall stehen und wachsen. Die Wilde Möhre trägt ihren Namen nicht grundlos, denn sie ist eine der vermutlich drei Stammpflanzen unserer heutigen Kultur-Möhre. Auch die Wilde Möhre bildet wie unsere heimische Möhre unterirdische Karotten, die farblich an Petersilienwurzeln erinnern.

Die Dolde rollt sich vor und nach der Blüte wie ein Vogelnest zusammen. Neben dem kleinen schwarzen Punkt in der Doldenmitte ist dieses ein weiteres Erkennungsmerkmal der Wilden Möhre, das vor Verwechselungen mit dem giftigen Schierling oder der Hundspetersilie schützen kann.

Die Wilde Möhre nach der Blüte
Die Wilde Möhre nach der Blüte

Wir ernten die Blütenköpfe und einige Blätterstiele der Wilden Möhre mit einem Messer. Dabei gilt grundsätzlich, nur 2/3 des Bestandes zu ernten, damit sich die entsprechenden Wildkräuter an Ort und Stelle weiterhin ansiedeln können. Anschließend bereiten wir einen frischen Tee zu. Dazu wird kochendes Wasser über das Kraut und die Dolde gegossen und ca. 10 Minuten zugedeckt stehen gelassen. Der Tee ist im Geschmack der Karotte sehr ähnlich und zudem sehr mild. Der Wilde Möhren-Tee soll harntreibend, beruhigend, Gebärmutter anregend und verdauungsfördernd wirken. Daneben können die Blüten z.B. auch in einem Backteig zu einer leicht würzigen Leckerei frittiert werden. Nach der Verkostung neutralisieren wir unsere Geschmackssinne mit Kräckern, die in den kleinen Schälchen auf dem Tisch bereit stehen. Unsere nächste Aufgabe besteht darin, selbst auf Erkundungstour zu gehen und zwei uns unbekannte Kräuter zu sammeln.

Es kommt ein buntes und vielfältiges Potpourri an kleinen Pflänzchen zusammen. Einige davon sind schnell bestimmt: Klee, Gänseblümchen und Löwenzahn erkennt jede/r in der Runde. Nach und nach bekommen alle gesammelten Pflanzen oder Blüten einen Namen und wir erhalten eine kurze Information zur Nutzung. Uns allen wird schnell klar: Viele der Wildkräuter die unsere Parks und Gärten zieren, werden als solche gar nicht wahrgenommen. Wie z.B. Vogelmiere, Giersch, Labkraut, Schafgarbe, Knoblauchrauke oder Spitzwegerich, um nur einige der essbaren Kräuter zu nennen, die man kostenlos in Parkanlagen oder im eigenen Garten finden kann. Wir bereiten an diesem Tag einen weiteren Tee aus Schafgarbe zu, probieren uns durch einige Kräuter und kauen auf Beifuß-Knospen herum, die auch als krampflösendes Kaugummi der Natur gelten. Als erfrischenden Ausklang gibt es eine selbstgemachte Wildkräuter-Limonade (Rezept siehe weiter unten).

 Der Tag im BUND-NaturErlebnisGarten hat mir und vielen anderen Teilnehmer*innen in Erinnerung gerufen, dass die Natur uns auf so vielfältige Weise mit allem versorgen kann, was wir brauchen. Wir haben nur verlernt, auf sie zu hören und zu achten. Daher sind Wildkräuterkurse eine tolle Möglichkeit, einen Zugang zur Natur zu bekommen und sich Kenntnisse in diesem  Bereich anzueignen.


Rezept für die Kräuter-Limonade

· 1 Liter Apfelsaft (naturtrüb oder klar)

· Eine Zitrone

· Kräuter (jeweils nur einige wenige Blätter)

o Petersilie

o Pfefferminze

o Thymian

o Salbei (sehr wenig)

o Rosmarin (sehr wenig)

o Zitronenmelisse

o Basilikum

o diverse Gartenkräuter z.B. Brennnessel, Giersch (im Frühling), Gundermann etc.

Eine sommerliche Erfrischung: Kräuterlimo
Eine sommerliche Erfrischung: Kräuterlimo

Die Kräuter zunächst etwas anreißen, damit sich die ätherischen Öle entfalten können und dann mit Garn zu einem Strauch zusammenbinden.

Diesen in eine Schüssel geben und mit dem Apfelsaft bedecken. Das Ganze für mindestens 12 Stunden in den Kühlschrank stellen. Dann den Zitronensaft dazugeben, noch einmal alles umrühren und das Kräuterbündel herausnehmen. Mit Hilfe von Trichter und Sieb die Kräuterlimo in eine Flasche füllen und bis zum Verzehr kalt stellen.

Neugierig geworden?

Der BUND-Hamburg bietet mehrmals im Jahr Kräuterkurse für Kinder und Erwachsene an. Und auch im Programm der Hamburger Volkshochschule findet man eine Auswahl an Kräuterkursen oder ihr wendet euch direkt an die Gartentherapeutin Esther Daenschel, die uns an diesem Tag durch die Wildkräuterwelt geleitet hat.

 

Falls ihr Lust habt, euch in der Kita mit dem Thema Kräuter zu beschäftigen, dann besucht gerne die Fortbildung der S.O.F.- Umweltstiftung zum Thema „Urban Gardening in der Kita“ im kommenden Jahr am 23. + 24. Mai 2019. Mit dem S.O.F.-Newsletter bleibt ihr auf dem Laufenden und verpasst keine unserer Fortbildungen.

© Titelbild und Fotos im Text: Pia Arndt